Im Namen der Republik

Das Handelsgericht Wien erkennt durch die Richterin Mag.a Hildegard Brunner in der Rechtssache der

klagenden Partei B u n d e s a r b e i t s k a m m e r , 1040 Wien, Prinz Eugen Straße 20-22, vertreten durch Dr. Sebastian Schuhmacher, Rechtsanwalt in 1030 Wien,

wider die beklagte Partei T U I D e u t s c h l a n d  G m b H, D-30625 Hannover, Karl-Wiechert-Allee 23, vertreten durch Dr. Reinitzer Rechtsanwalts KG in 1060 Wien und Dr. Lange - Dr. Spils ad Wilken + Partner mbB in D-29221 Celle,

wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Gesamtstreitwert EUR 34.900,-- s.A.), nach öffentlicher, mündlicher Verhandlung zu Recht:

1. Die beklagte Partei ist schuldig, binnen drei Monaten die Verwendung der nachstehend genannten Klauseln oder sinngleiche Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Vertragsformblättern im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern mit Wohnsitz in Österreich zu unterlassen und es weiters binnen drei Monaten zu unterlassen, sich auf diese oder sinngleiche Klauseln zu berufen, soweit diese bereits Inhalt der von der beklagten Partei mit Verbrauchern abgeschlossenen Verträge geworden sind:

a. 3 Kinderermäßigungen
„… Bei falschen Altersangaben ist der Reiseveranstalter berechtigt, darauf beruhende Differenzen zum konkreten Reisepreis zuzüglich einer Bearbeitungsgebühr von EUR 50,-- nachzuerheben. …“

b. 4 Besondere Hinweise für Ferienwohnungen, Ferienhäuser, TUI Cars und Camper „… Die Rückzahlung oder Verrechnung erfolgt, wenn die Ferienwohnung/das Ferienhaus/der Camper bei Beendigung des Aufenthaltes in ordnungsgemäßem Zustand gereinigt zurückgegeben worden sind.“

c. 5 Sonderwünsche, individuelle Reisegestaltung, Reiseleitung
„5.1.1. Vertriebsstellen dürfen Sonderwünsche nur entgegennehmen, wenn diese als unverbindlich bezeichnet werden.… Vertriebsstellen sind weder vor, noch nach Abschluss des Reisevertrages berechtigt, ohne schriftliche Bestätigung des Reiseveranstalters, von Leistungsbeschreibungen bzw. bereits abgeschlossenen Reiseverträgen abweichende Zusagen zu geben oder Vereinbarungen zu treffen, soweit sie hierzu nicht gesondert bevollmächtigt sind.“

„5.1.2. Für die Bearbeitung individueller, von der jeweiligen Leistungsbeschreibung abweichender Reisen, wird eine Gebühr von maximal EUR 50,-- pro Reisenden und Woche erhoben.“
„5.1.3. Bei vom Reisenden im Zielgebiet gewünschten Flug- und/oder Hotelumbuchungen behält der Reiseveranstalter sich zusätzlich zu den gegebenenfalls entstehenden Mehrkosten die Erhebung einer angemessenen Bearbeitungsgebühr pro Person vor. …“

d. 6 Flugbeförderung
„6.2. Zwischenlandungen
Der Reiseveranstalter weist darauf hin, dass es bei Direktflügen aus flug- und programmtechnischen Gründen zu Zwischenlandungen kommen kann.“

e. 7 Leistungsänderungen
„7.1. Vor Vertragsschluss kann der Reiseveranstalter jederzeit eine Änderung der Leistungsbeschreibungen vornehmen, über die der Reisende vor Buchung selbstverständlich informiert wird.“
„7.3. … Gegebenenfalls wird er dem Kunden unentgeltliche Umbuchung oder einen unentgeltlichen Rücktritt anbieten.
…“

f. 8 Rücktritt durch den Reisenden vor Reisebeginn/Rücktrittsgebühren
„8.2. … Die Rücktrittsgebühren sind in Ziffer 8.4. pauschaliert. Sie bestimmen sich nach dem Reisepreis abzüglich des Werts der vom Reiseveranstalter ersparten Aufwendungen sowie abzüglich dessen, was er durch anderweitige Verwendung der Reiseleistungen erwirbt. Die nachfolgenden Pauschalen berücksichtigen ferner den Zeitraum zwischen der Rücktrittserklärung und dem Reisebeginn. Sie sind auf Verlangen des Kunden vom Reiseveranstalter zu begründen. Dem Kunden bleibt darüber hinaus der Nachweis offen, die dem Reiseveranstalter zustehenden Gebühren seien wesentlich geringer als die von ihm geforderte Entschädigungspauschale.“
„8.4. Der pauschalierte Anspruch auf Rücktrittsgebühren beträgt pro Person/pro Wohneinheit bei Rücktritt:
8.4.1. Standard-Gebühren:

A/B Reise mit (A) und ohne (B) Flugbeförderung
bis zum 30. Tag vor Reiseantritt 25 %
ab dem 29. Tag vor Reiseantritt 40 %
ab dem 19. Tag vor Reiseantritt 50 %
ab dem 9. Tag vor Reiseantritt 75 %
ab dem 3. Tag vor Reiseantritt bis zum Tag des Reiseantritts oder bei Nichtantritt der Reise 80 % des Reisepreises.

8.4.2. Ausnahmen von der Standardregelung:
A Ferienwohnungen/-häuser/Appartements, Carawan-Parks, auch bei Bus- und Bahnanreise, Motorradrundreisen, airtours Private travel

bis zum 46. Tag vor Reiseantritt 25 %
ab dem 45. Tag vor Reiseantritt 50 %
ab dem 35. Tag vor Reiseantritt bis zum Tag des Reiseantritts oder bei Nichtantritt der Reise 80 % des Reisepreises.

B Schiffsreisen, Spezialprogramme, Aktivprogramme, Camper-Programme
bis zum 31. Tag vor Reiseantritt 25 %
ab dem 30. Tag vor Reiseantritt 40 %
ab dem 24. Tag vor Reiseantritt 50 %
ab dem 17. Tag vor Reiseantritt 60 %
ab dem 10. Tag vor Reiseantritt bis
zum Tag des Reiseantritts oder bei Nichtantritt der Reise 80 % des Reisepreises.

C Bei lediglich vermittelten Eintrittskarten, zB für Musicals, gelten die Rücktrittsbedingungen des jeweiligen Anbieters, die Ihnen bei Buchung mitgeteilt werden.

D Bei Produkten, die mit dem Vermerk „80 % Rücktrittsgebühr ab Buchung“ gekennzeichnet sind, werden unabhängig vom Zeitpunkt des Rücktritts Rücktrittsgebühren von 80 % des Reisepreises fällig. Bei Produkten, die mit dem Vermerk „kostenloser Storno bis 18.00 Uhr am Anreisetag“ gekennzeichnet sind, fallen bei einem Rücktritt bis 18:00 Uhr (MEZ) am Abreisetag keine Rücktrittsgebühren an, bei zeitlich späterem Rücktritt bis hin zum Nichtantritt der Reise werden Rücktrittsgebühren in Höhe von 80 % des Reisepreises fällig.

E Für besondere Produkte des Reiseveranstalters Wolters Reisen GmbH (mit Ausnahme der Marken „atraveo“ und „TUI Villas“) gelten abweichende Bedingungen, die Ihnen jeweils vor der Buchung mitgeteilt werden und mit aktuellem Stand unter www.tui-wolters.de/agb zu finden sind: Schiffsreisen mit Hurtigruten, Iceland Pro Cruises, Hansa Touristik, Oceanwide Expeditions, Plantours Kreuzfahrten, Transocean Kreuzfahrten, Havila Kystruten und Göta Kanal sowie das Finnland Winterprogramm.

F Für TUI Cars werden Rücktrittsgebühren in Höhe von 80 % erst ab 24 Stunden vor Anreise und bei Nichtabnahme des Mietwagens fällig.

G Für Angebote von XTUI
bis zum 31. Tag vor Reiseantritt 40 %
ab dem 30. Tag vor Reiseantritt 60 %
ab dem 17. Tag vor Reiseantritt 70 %
ab dem 10. Tag vor Reiseantritt bis zum Tag des Reiseantritts oder bei Nichtantritt der Reise 80 % des Reisepreises.“

„8.5. Der Reiseveranstalter behält sich vor, anstelle der vorstehenden Pauschalen eine höhere, individuell berechnete Entschädigung zu fordern, soweit der Reiseveranstalter nachweist, dass ihm wesentlich höhere Aufwendungen als die jeweils anwendbare Pauschale entstanden sind. In diesem Fall ist der Reiseveranstalter verpflichtet, die geforderte Entschädigung unter Berücksichtigung der ersparten Aufwendungen und einer etwaigen, anderweitigen Verwendung der Reiseleistungen konkret zu beziffern und zu belegen.“

g. 9 Umbuchung, Ersatzperson
„9.1. … Dafür wird eine gesonderte Gebühr von EUR 50,-- pro Person erhoben. …“


„9.2. … Tritt ein Dritter an die Stelle des angemeldeten Teilnehmers, ist der Reiseveranstalter berechtigt, für die ihm durch die Teilnahme der Ersatzperson entstehenden Bearbeitungskosten pauschal EUR 10,00 zu verlangen. Gegenüber Leistungsträgern (zB Fluggesellschaften) tatsächlich entstehende Mehrkosten werden gesondert berechnet.

… Dem Reisenden bleibt der Nachweis mit dem Eintritt des Dritten nicht entstandener oder wesentlich niedrigerer
Kosten unbenommen. …“

h. 11 Rücktritt und Kündigung durch den Reiseveranstalter
„11.1. Der Reiseveranstalter kann den Reisevertrag ohne Einhaltung einer Frist kündigen, wenn die Durchführung der Reise trotz einer entsprechenden Abmahnung durch den Reiseveranstalter vom Reisenden nachhaltig gestört wird. Das Gleiche gilt, wenn sich ein Reisender in solchem Maß vertragswidrig verhält, dass die sofortige Aufhebung des Vertrages gerechtfertigt ist. …“

i. 12 Mängelanzeige, Abhilfe, Minderung, Kündigung
„12.2. Der Reisende kann eine Minderung des Reisepreises verlangen, falls Reiseleistungen nicht frei von Reisemängeln erbracht worden sind und er es nicht schuldhaft unterlassen hat, den Mangel unverzüglich (ohne schuldhaftes Zögern) anzuzeigen. …“

3. Der klagenden Partei wird die Ermächtigung erteilt, den klagsstattgebenden Teil des Urteilsspruches im Umfang des Unterlassungsbegehrens und der Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung binnen 6 Monaten ab Rechtskraft des Urteils einmal im redaktionellen Teil der bundesweit erscheinenden Samstagsausgabe der „Kronen Zeitung“ auf Kosten der beklagten Partei mit gesperrt geschriebenen Prozessparteien und in Fettdruckumrandung in Normallettern zu veröffentlichen.

4. Die beklagte Partei ist schuldig, den klagsstattgebenden Teil des Urteilsspruchs, mit Ausnahme des Ausspruchs über die Kosten, binnen drei Monaten ab Rechtskraft des über diese Klage ergehenden Urteils für die Dauer von 30 Tagen auf der von der beklagten Partei betriebenen Website www.tui.at, oder, sollte sich die Internetadresse ändern, auf der von ihr betriebenen Website für Reiseleistungen unter der sodann hierfür gültigen Internetadresse, derart zu veröffentlichen bzw. die Veröffentlichung durch den Betreiber der Website www.tui.at (TUI Austria Holding GmbH) zu veranlassen, dass die Veröffentlichung unübersehbar auf der Startseite anzukündigen und mit einem Link direkt aufrufbar sein muss, wobei sie in Fettumrandung und mit gesperrt geschriebenen Prozessparteien, ansonsten hinsichtlich Schriftgröße, -farbe, Farbe des Hintergrundes und Zeilenabständen so vorzunehmen ist, wie auf der Website www.tui.at im Textteil üblich.

Handelsgericht Wien, Abteilung 57
Wien, 25. April 2022
Mag. Hildegard Brunner, Richterin

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